Ein Beitrag von Steve Maxwell
Übersetzung: Michael Csöff
Meine Mailbox ist überfüllt mit Fragen, die sich immer wiederholen: Wenn ich auch nicht alle Antworten darauf habe, so doch einige. Meist aus eigener persönlicher Erfahrung heraus, und oft aufgrund meiner Arbeit mit tausenden Männern und Frauen aller Altersklassen rund um den Globus während der letzten Jahrzehnte.
Das Interessante dabei ist, dass viele Menschen, wenn sie eine Antwort auf ihre Frage erhalten haben (eine Antwort, die sie nicht mögen), fortfahren, dieselbe Frage an verschiedene weitere Ratgeber zu stellen – so lange, bis sie diejenige Antwort erhalten, die ihnen angenehm ist.
Die Wahrheit kann dich befreien, aber nur, wenn du die Wahrheit wirklich hören willst. Meiner Erfahrung nach wollen Menschen im Bereich Gesundheit & Fitness die Wahrheit gar nicht wirklich wissen – sie wollen eher, was sie denken hören zu wollen.
Die meisten Männer und Frauen haben unrealistische Vorstellungen darüber, was sie durch körperliches Training erreichen können und was nicht. Diese falschen Erwartungen werden durch die Fitness-Industrie und Ihre zugehörigen Medien geschürt. 90% der Inhalte sogenannter Fitness- und Gesundheits-/Mode-Magazine sind kompletter Blödsinn und nur dafür da, den Verkauf nutzloser Pulver, Pillen, sonstiger Mittelchen und Programme zu befördern, die nicht funktionieren – nicht funktionieren können – , egal wie du es anstellst, außer, dass sie dich monatlich bei der Stange halten.
Dem liegt zugrunde, dass die hier versprochenen Ergebnisse den Erwartungen der Käufer und Abonnenten entsprechen, während diese Erwartungen unrealistisch sind.
Egal welchem Programm du folgst: Jedes Programm führt nach 4-5 Jahren zu ziemlich denselben Ergebnissen. Wenn du also bereits seit mehr als 5 Jahren (ernsthaft) trainierst, ist das, was du als Ergebnis im Spiegel sehen kannst, das, was du auch in Zukunft zu erwarten hast. Sehr wenige haben die genetische Veranlagung zu massivem Muskelwachstum.
Jeder kann seine Gesundheit, seine Kraft und, in einem bestimmten Umfang, seine Muskelmasse verbessern – doch dies in einem weitaus geringeren Maße, als sich viele vorstellen. Und wenn du bereits seit 4-5 Jahren Gewichte stemmst, kannst du davon ausgehen, dass du dein natürliches Potential bereits ausgeschöpft hast.
Ein paar Ausnahmen gibt es dabei: Zum Beispiel Leute, die stark übertrainiert sind und damit Erholung und Wachstum verhindern, oder Leute, die unausgewogenen Trainingsprogrammen gefolgt sind und einige Bereiche nicht entwickelt haben. Diese mögen dramatische Verbesserungen erfahren, sobald sie auf ein ausgewogenes, vernünftiges Programm gewechselt haben, aber auch diese Erfolge werden sich nach etwa einem Jahr wieder einstellen.
Die Meisten sehen nicht einmal, wenn sie Steroide nehmen, deutliche Verbesserungen. Sicherlich wird sich ein Wachstum zeigen, aber dieses wird kurzlebig und mit Nachteilen bezahlt sein. Entgegen allen Verkaufsversprechen: Du kannst nicht über dein eigenes Potential hinauswachsen.
Während die meisten Menschen nicht die genetischen Voraussetzungen für das Erreichen großer Muskelmasse und der entsprechenden Kraft haben, lassen dich die Muskelmagazine glauben, dass jeder eine unbegrenzte Kapazität für Muskelwachstum und Herkules-Kräfte hat. Diese offensichtliche Lüge kreiert eine Menge Unzufriedenheit, Frustration und Neurosen.
Wir alle sind mit diesen geschürten falschen Erwartungen aufgewachsen; doch wenn wir sie als unwahr anerkennen, können wir langsam dazu übergehen, unsere tatsächlichen individuellen Stärken und Besonderheiten anzunehmen, ja, sie als unser Kapital wertzuschätzen, statt unentwegt diesem falschen Fitness-Traum hinterherzujagen, der uns suggeriert worden ist.
Ein Aspekt, über den du wirklich Kontrolle hast, ist der Anteil an Körperfett; die meisten Menschen können ziemlich schlank werden, auch wenn sie nicht besonders muskulös werden können.
Während dich die meisten Trainingsarten, sei es Hantel-, Kettlebell-, Körpergewichts- oder sogar Geräte-Training, am Ende zu ziemlich demselben Ergebnis führen werden, sind doch nicht alle Programme gleich.
Einem Anfänger wird zunächst einmal jedes auch noch so mangelhafte Trainingsprogramm Fortschritte bescheren.
Dann, nach einer Weile, kommen die Ergebnisse immer langsamer und langsamer. An diesem Punkt werden viele enttäuscht und ungeduldig, und fangen an, auf ein anderes Trainingsprogramm umzuspringen – was ein großer Fehler ist.
Alles funktioniert: Olympisches Gewichtheben, Powerlifting, traditionelles Volumentraining, Street-Style, Turnen … alles funktioniert eine Zeit lang gut … aber von einer Trainingsart auf die andere zu wechseln, weil irgendwann kaum mehr Fortschritte zu verzeichnen sind, ist keine gute Taktik.
Oberflächlich betrachtet machst du bei einer neuen Trainings-Routine wieder große Fortschritte. Aber das liegt nur daran, dass du neue Bewegungen erlernst. Denn wenn du nach ein paar Monaten zu deinem alten Training zurückkehren würdest, müsstest du feststellen, dass du in allen deinen bisherigen Übungen schlechter geworden bist.
Die Sache ist die, dass du – über dein gesamtes Leben hinweg – nicht mehr als ein Dutzend Grundübungen benötigst. Innerhalb dieser begrenzten Zahl an Übungen kannst du verschiedene Trainingsprotokolle anwenden.
Nun, auch wenn so gut wie alles funktioniert und dich am Ende zum selben Fitness-Ergebnis bringen wird, so sind doch nicht alle Programme gleich sicher.
Als allererstes solltest du dich fragen, warum du trainierst. Trainierst du um des Trainings willen, ist das Training dein „Sport“? Trainierst du, um bei anderen Übungen besser zu sein, oder bei anderen Freizeitaktivitäten?
Falls du trainierst um ein Bodybuilder, Kraft-Dreikämpfer oder Strongman zu werden, oder um verschiedene gymnastische oder calisthenische Kunststücke machen zu können, dann muss dein Training natürlich auf diese Ziele abgestellt sein. … Allerdings betone ich, dass diese Art des Trainings nicht die beste ist, um dich für andere Sportarten oder Freizeitaktivitäten – oder für Gesundheit und Langlebigkeit – vorzubereiten.
Daher ist eine der ersten Fragen, die ich an meine SeminarteilnehmerInnen richte: „Wer von euch hat sich bei seinem Krafttraining schon einmal verletzt?“ Nicht selten hebt die Mehrzahl der Anwesenden ihre Hand.
Nach meiner Definition von Training sollte Krafttraining Verletzungen verhindern helfen, und keine herbeiführen.
Außerdem interessiert mich immer, wie lange eine Trainingseinheit bei den Leuten im Schnitt dauert. Viele verbringen jeweils ein paar Stunden im Fitnessstudio. Und viele andere wiederum nehmen erst gar kein Krafttraining auf, da sie davon ausgehen, dass sie jede Menge Zeit für das Training investieren müssten, diese aber nicht zur Verfügung haben. Dies ist eine andere komplett falsche Vorstellung.
Ein gutes Workout – eine wirklich gute Krafttrainingseinheit – kann in 20-30 Minuten absolviert werden, oder sogar in noch kürzerer Zeit, wenn sie intensiv genug ist. Ich benutze gerne eine Analogie zum Arbeitsleben: Alle Krafttrainingsarten führen nach etwa fünf Jahren ungefähr zum selben Ergebnis, was die Muskelmasse und die Körperkonstitution angeht – aber einige Leute verbringen jeden Tag mehrere Stunden im Gym, während andere nur eine Stunde pro Woche dafür aufbringen.
Wenn du zwei Jobangebote erhalten würdest, für die du jeweils dasselbe Gehalt bekämst: für die eine Stelle müsstest du 75 Stunden pro Woche aufbringen, für die andere nur 20 – welchen Job würdest du nehmen? Ich persönlich würde das Angebot mit der geringeren Stundenzahl wählen. Nun ja, manche Leute würden vielleicht die längere Arbeitszeit wählen, einfach weil sie so gern im Büro sind.
Aber hier kommt mein Punkt: Du musst kein Fitnessfanatiker sein oder dich täglich quälen, um hervorragende Ergebnisse von einem Krafttraining zu erhalten. Ich habe die CrossFit-Bewegung für ihr potentiell schädigendes Training kritisiert, aber eine Sache haben die CrossFiter verstanden: Sie machen kurze, intensive Workouts.
Sobald du einmal deine Mitt-Vierziger erreicht hast, geht es bei deinem Training nur noch darum, zu versuchen, die Form zu erhalten, die du bis dahin erlangt hast; du bist nun zu 100 % im „Erhalten-Modus“ angekommen. Das hört sich für viele erschreckend an, vor allem, wenn sie noch nie besonders muskulös und stark waren. Der Gedanke, dass die Zeit für persönliche Fitness- und Kraft-Bestleistungen vorbei ist, kann deprimierend sein. Aber du solltest deswegen nicht niedergeschlagen und undankbar sein, denn es könnte noch wesentlich schlimmer kommen! Du könntest, wie viele ältere Damen und Herren aktuell, später ebenfalls am Krückstock oder Rollator gehen, oder auch im Rollstuhl landen.
Wenn es einen Grund gibt, mit dem Training fortzufahren, dann den, zu verhindern, dass du so immobil wie viele alte Leute endest. Du kennst den Spruch „Use it or lose it“ / „Gebrauche es oder verliere es“? Nun, selbst wenn du es immer weiter gebrauchst, wirst du es es verlieren; aber du kannst den Verlust stark verlangsamen.
So. Was zählt beim Training in diesem Sinne NICHT?
Die Höhe des gestemmten Gewichtes sowie die Anzahl an Wiederholungen, das heißt die mechanische Arbeit, scheint von keiner großen Bedeutung zu sein. Viel wichtiger als wie viel ist WIE du die einzelne Wiederholung ausführst.
Viele „Schwergewichtler“, die einzig dafür trainieren und sich daran erfreuen, möglichst viele Kilos zu heben, mögen hier Widerspruch einlegen. Aber letztlich gilt, dass das Bewegen schwerer Gewichte mit einem deutlich erhöhten Verletzungsrisiko verbunden ist.
Wenn dein ganzes Augenmerk darauf ausgerichtet ist, wie viel Gewicht und wie viele Wiederholungen du schaffst, wirst du in deinen 50ern und 60ern einen Schock erleben, und wirst dich anders motivieren müssen.
Es gibt viele wirklich starke Typen, die sich im Gewichtheben nicht besonders hervortun –da sie dieses nicht trainieren – aber das heißt nicht, dass sie nicht stark sind. Ich habe schon einige eindrucksvolle Männer auf der Jiu-Jitsu- oder Wrestling-Matte angetroffen, die keine Gewichte stemmen und beim Deadlift (Kreuzheben), Langhantel oder Kettlebell-Drücken nicht glänzen können, aber dennoch fürchterlich stark sind.
Gewichtheben ist eine Fertigkeit – eine Kraftfertigkeit – und muss praktiziert werden; aber solche Fertigkeiten lassen sich nicht notwendigerweise auf andere Tätigkeiten übertragen. Und umgekehrt müssen diejenigen, die solche spezifischen Kraftfertigkeiten nicht aufweisen, nicht schwach sein.
Was zählt beim Training nun also?
Was zählt sind
– die Form der Ausführung, also die Technik
– der Anstrengungsgrad, also wie (subjektiv) anstrengend die Übung ist
– die Belastungsdauer, also wie lange der Muskel bzw. der Organismus unter Leistung oder Anspannung steht.
Es ist ziemlich bekannt, dass man auch mit schlechter Form (Technik) gute Resultate hinsichtlich der Muskelmasse erzielen kann. Während du einige muskulöse, starke Kerle im Fitnessstudio dabei beobachten kannst, wie sie mit schweren Gewichten herum hantieren, wirst du dieselben Personen dort wahrscheinlich nicht mehr zu Gesicht bekommen, wenn sie ihre 50er, 60er Jahre erreicht haben werden. Die meisten werden dann entweder aufgrund verschiedener Verletzungen und Wehwehchen nicht mehr trainieren, oder sie werden eine bessere Einsicht erlangt haben und ihr Denken und ihre Absichten in der Hinsicht abgeändert haben, die ich hier als angemessenere Variante vorschlage.
Wenn du dir die Prinzipien, die ich hier vorstelle, zu eigen machst, wirst du künstliche Knie- und Hüftgelenke und Wirbelsäulen-Operationen vermeiden können.
Ob schwere Gewichte mit wenig Wiederholungen, mittelschwere Gewichte mit mittleren Wiederholungszahlen oder leichte Gewichte mit vielen Wiederholungen: mit allen Varianten erzielen verschiedene Leute gute Erfolge. Die Forschung und auch meine eigenen Beobachtungen zeigen, dass diese Trainingsmethodik nicht von besonderer Bedeutung ist. Neben bestens proportionierten Exemplaren, die mit vielen, leichteren Wiederholungen mit ihrem eigenen Körpergewicht arbeiten siehst du ebenfalls großartig aussehende Powerlifter und Power-Bodybuilder.
Am Ende zählt, was du über die Dauer deines Lebens hinweg aufrechterhalten kannst. Für mich sind das langsame Wiederholungen mit hoher Muskelspannung, ausgeführt mit einem Gewicht, das ich unter Kontrolle habe, mit moderater Belastungsdauer (zwischen 40 und 90 Sekunden). Die Wissenschaft hat immer wieder festgestellt, dass der wichtigste Trainingsfaktor die Zeit unter Belastung (Belastungsdauer, engl.: Time under Load oder Time under Tension) ist.
Ein Beispiel: In einem Gym sah ich einen jungen, durchtrainierten Mann mit einem beeindruckenden Oberkörper – kein Shirt tragend um sicherzustellen, dass dieser auch bewundert werden kann. Er war in der Lage, 21 Klimmzüge auszuführen, was den „Goldstandard“ an Klimmzug-Wiederholungen darstellt. (Dieser Standard hat seinen Ursprung bei Fitness-Testungen beim Militär.)
Allerdings war seine Übungsausführung ziemlich rasch, unter Ausnutzung des Schwungmoments. Jede seiner Wiederholungen dauerte nur etwa 2 Sekunden und ich schätzte seine „Zeit unter muskulärer Anspannung“ für die 21 Klimmzüge auf etwa 40 Sekunden.
Danach beobachte ich den jungen Mann dabei, wie er sich die Ellbogen rieb und zu seinem Kumpel über seine schmerzenden Schultern klagte. Und der Junge war gerade mal Anfang zwanzig.
Ich selbst trainierte einen jungen Klienten in derselben Übung, aber ich zeigte sie ihm in einer sehr langsamen, hoch-intensiven Ausführung. Er zog sich langsam und kontrolliert hoch, über einen Zeitraum von 4 Sekunden hinweg, pausierte in der Endposition unter forcierter Muskelanspannung für 2 Sekunden, und lies sich dann langsam über die Dauer von weiteren 4 Sekunden wieder hinab, um dann ohne Schwung aus der Ausgangsposition heraus die nächste Wiederholung zu beginnen. Jede Wiederholung dauerte auf diese Art etwa 11-12 Sekunden lang. Er schaffte fünf Wiederholungen, was beeindruckend ist bei dieser Übungsausführung, und seine Belastungsdauer für diese Übung lag damit bei etwa 60 Sekunden.
Obwohl mein Klient nur fünf Wiederholungen absolvierte, war die Zeit, während der er unter muskulärer Spannung stand, länger als bei dem jungen Mann mit 21 Wiederholungen, und die mechanische Belastung auf seine Gelenke und sein Bindegewebe war wesentlich geringer. Tatsächlich bestätigte er mir, wie gut sich seine Schultern und Ellbogen nach diesem Satz (Übungsdurchgang) anfühlten.
Der Punkt ist der, dass es darauf ankommt, „wie“ man solche Übungen durchführt, nicht „wie oft“ und noch nicht einmal „wie schwer“. Und dass du mit dieser Art der Übungsausführung dieselben Ergebnisse erzielen kannst wie mit allen anderen Trainingsmethoden, und dabei dennoch lebenslang im Stande sein wirst, verletzungs-, schmerz- und leidensfrei zu trainieren. Tatsächlich hilft diese Art des Trainings, bereits vorhandene Schmerzen zu lindern, und kann therapeutisch eingesetzt werden. Ich habe mein Leben lang Verletzungen erlitten durch das Wrestling und durch Jiu-Jitsu, und habe mit den diese begleitenden Leiden und Schmerzen zu tun; aber nachdem ich solche langsamen Übungen mit hoher Muskelanspannung ausführe, oder auch isometrische Übungen, fühlen sich meine Gelenke super an, und ich bin schmerzfrei für Stunden, manchmal sogar für Tage.
Du kannst keinem Wettkampfsport oder anderen ruppigen Aktivitäten nachgehen und davon ausgehen, nicht verletzt zu werden; wenn du solche Aktivitäten ausführst, nimmst du Verletzungen in Kauf. Aber dein Krafttraining sollte niemals solche Verletzungen herbeiführen, im Gegenteil.
Was mich beim Training hält ist weniger Motivation, denn Disziplin. Ich trainiere, weil ich nicht alt und gebrechlich enden möchte und unfähig, mich eigenständig zu bewegen; ich halte meine Muskeln stark, so dass ich fit und beweglich bleibe.
Die eigene Beweglichkeit (Mobility) steht im direkten Verhältnis zur Fähigkeit der Kraftentwicklung über den vollen Bewegungsumfang des jeweiligen Gelenks – aber ich mache auch ein extra Beweglichkeits-Training, da ich weiß, dass es gut für mich ist und ich es machen sollte.
Außerdem trainiere ich aus reiner „tierischer Freude“, meinen Körper zu bewegen. Tiere „trainieren“, stretchen sich und spielen, weil sie es mögen, weil sie sich gut fühlen dabei. Hindert man sie daran, leiden sie erbärmlich.
Früher hatte ich ein Frettchen, wir nannten es Buster. Frettchen sind richtig verspielte, neugierige kleine Kerle, sie ähneln Fischottern in der Hinsicht. Buster spielte bis einschließlich zu dem Tage, an dem er verstarb. Wir konnten beobachten, wie er in den Dingen, die er gerne anstellte, immer schwächer wurde, wie etwa auf eine der Treppenstufen springen und über eine Tierschranke klettern, die wir extra aufgestellt hatten, um ihn hier am Durchgang zu hindern; aber er hatte gelernt, dieses Hindernis zu überwinden.
In Busters achtem Lebensjahr (was bei einem Frettchen ungefähr dem 80. Lebensjahr beim Menschen entspricht), versuchte er immer noch die Dinge anzustellen, zu denen er in jungen Jahren imstande war. Und auch wenn er zunehmend daran scheiterte, blieb er immer weiter verspielt, aktiv und neugierig, so wie es seiner guten tierischen Natur entsprach – bis zu seinem Lebensende. Wir fanden ihn tot auf mit einem seiner Spielzeuge.
Ich meine, dass dies auch unserer menschlich-tierischen Natur entspricht. Nur weil du nicht mehr so schwer heben und so viele Wiederholungen schaffen kannst wie früher, heißt das nicht, dass du enttäuscht aufhören solltest. Geh weiter raus und tu was du kannst – allerdings auf eine sichere Art und Weise.
Ich möchte es wie Buster machen, und werde spiel- und bewegungsfreudig bleiben bis zu dem Tag, an dem ich sterben werde. Auch wenn seine körperlichen Kräfte das kleine Tierchen zunehmend im Stich ließen, blieb es diesem natürlichen Prinzip immer treu.
Krafttraining hilft mir dabei, weiter „spielen“ zu können – aber ich verwechsle spielen nicht mit angemessenem Training.
Etwas, was ich grundsätzlich zum Gewichtetraining sagen möchte, ist dies:
Ab welchem Punkt hast du deine strukturelle Kraftfähigkeit erreicht?
Wenn du niemals Gewichte gehoben hast und du fängst in deinen 50ern oder 60ern damit an, wirst du Fortschritte erzielen. In jedem Alter kannst du stärker werden, wenn du zuvor nie trainiert hattest. Wenn du eine jungfräuliche Muskulatur hast, kannst du in jedem Alter schnell Muskelwachstum und Kraftzuwachs erlangen. Aber nach ein paar Jahren Training wirst du deine natürliche Grenze erreichen. Auch nach einer längeren Pause kannst du zügig Muskelmasse und -kraft wiedergewinnen. Darauf wollte ich hingewiesen haben.
Aber jeder, der kontinuierlich und progressiv 4-5 Jahre lang Krafttraining macht, hat seine individuellen Möglichkeiten ausgeschöpft. Die Menschen wollen das nicht hören – aber deine Möglichkeiten sind natürlicherweise limitiert.
Noch etwas:
Leute, die leistungsmäßig Kraftsport betreiben, können oftmals auch nach längeren Jahren kleine Fortschritte beim Gewichtheben erreichen. Aber das ist nicht das, wovon ich hier rede. Das liegt an technischen Verbesserungen, nicht an immer weiter steigenden Kraftfähigkeiten. Dies kann zwar eine ganze Weile lang anhalten, aber auch hier sind Grenzen gesetzt – und erreichen diese Menschen ihre 50er Jahre, wird sich auch diese positive Entwicklung umkehren.
„Aber Steve, ich bin immer noch dabei, das Gewicht beim Bankdrücken zu erhöhen, und ich bin 45!“
Ja, aber das liegt daran, dass du effizienter wirst dabei, nicht primär daran, dass du noch stärker oder muskulöser wirst.
Wenn du in jungen Jahren bereits einiges an Muskelgröße und Stärke aufgebaut hast, kannst du eine Menge davon erhalten, und du wirst wesentlich würdevoller altern als diejenigen, die kein Krafttraining betreiben. Wenn du erst spät mit dem Gewichte stemmen anfängst, kannst du auch dann noch ordentlich Muskeln aufbauen, wenn auch nicht mehr in dem Maße, das du bei einem Start in jungen Jahren erreicht hättest. Aber das ist kein Grund, nicht jetzt damit anzufangen, dein Bestes zu tun, und dich über echte Ergebnisse zu freuen.
Stell dir Krafttraining vor, wie Geld auf die hohe Kante legen: Du sammelst Lebenskraft und Stärke an, und trainierst deine Muskeln, deinem Willen zu folgen. Davon kannst du zehren, wenn du älter wirst.
Viele glauben außerdem, dass man beim Krafttraining nur seine Muskeln trainiert. Tatsächlich stimulierst du dabei aber auch das Hormonsystem, alle inneren Organe, und erreichst eine immense kardiovaskuläre Wirkung – das richtige Krafttraining ist eines der besten Kardiotrainings.
Jeder Muskel ist über das Nervensystem mit jedem Organ und jeder Drüse verbunden, das heißt du trainierst beim Muskeltraining tatsächlich den gesamten Körper; es handelt sich nicht nur um ein isoliertes „Muskelding“.
Im Hinblick auf ein gesundes Altern gibt es nichts, was ein gutes Krafttraining ersetzen könnte – aber du solltest aufhören, dabei wie ein Zwanzigjähriger zu denken. Stell es dir als Erhaltungsprogramm und Körperpflege vor. Dass du keine persönlichen Rekorde mehr brechen wirst beim Bankdrücken oder Kreuzheben, ist kein Grund, mit dem Training aufzuhören.
Wenn du älter wirst, ist es sogar umso wichtiger, dabei zu bleiben: Weil du für dich und dein Leben trainierst, und nicht für dein Ego. Auch wenn der Spiegel dir beim Posing nicht mehr das alte Bild zeigt, dies ist kein Grund aufzuhören.
In Stärke und Gesundheit!
Steve Maxwell
Zum Originalbeitrag auf Steve Maxwell’s „Strength & Conditioning Blog“ geht es hier.